Ein „Star Wars“-Comic: VADER DOWN

Ich schwöre, es ist Zufall, dass ich wenige Tage nach dem Tod von David Prowse (dem Mann im Darth-Vader-Kostüm) einen Comic namens VADER DOWN bespreche. Diesmal keine meiner sarkastischen Pointen – aber begreifen wir es als kleine Hommage.

In memoriam all der Kreativen, die die Figur des Darth Vader erdacht und mit Leben erfüllt haben. VADER DOWN ist der Comicspaß, auf den „Krieg der Sterne“-Fanboys wie ich seit über 40 Jahren warten.

Doch zunächst eine Erklärung: Ich sage „Krieg der Sterne“ und meine den Film, den wir heute als „Episode IV: A New Hope“ bezeichnen. Das Original von 1977 war der Film meiner Jugend und ich vertrete die ketzerische Meinung, dass diesen nichts mehr übertroffen hat (und übertreffen konnte), denn dieses Fantasymärchen ist perfekt, rund und fertig.
Mir reicht „Krieg der Sterne“, deshalb bin ich nie angesprungen auf die Sequels und Prequels, die Romane und Comics, die animierten und realverfilmten Serien.

Im Comicladen locken mich zwar seit Jahren diese neuen, bunten, knalligen „Star Wars“-Comics von Marvel, aber ich wollte dieses Merchandising-Monstrum nicht unterstützen. Obwohl einer meiner Lieblingsautoren (Jason Aaron) dafür schreibt.

Letztens drifte ich durch Alias, die Kölner Comichöhle auf der Schillingstraße, der Coronafrust setzte mir zu, vielleicht war ich auch CO-2-benebelt durch meinen Mundschutz, jedenfalls ziehe ich ein Aaron-Werk mit dem reißerischen Titel VADER DOWN aus dem Regal.
Es ist erwartbar bunt und knallig, zeigt auf den ersten Seiten einen Luftkampf zwischen Darth Vader im Tie-Fighter und Luke Skywalker in seinem X-Wing. Sie krachen ineinander und beide stürzen auf den Planeten Vrogas Vas. Also VADER DOWN und natürlich auch SKYWALKER DOWN, aber ersteres klingt verkaufsfördernder.

Ho!“, denke ich, „das ist mal schmissig“. Dann tauchen auf der Suche nach den beiden Bruchpiloten noch Prinzessin Leia, Han Solo und Chewbacca auf. Ganz zu schweigen von C-3PO und R2-D2.

Was mich vom Fleck weg begeistert, ist die Tatsache, dass die Handlung in VADER DOWN unmittelbar nach „Krieg der Sterne“ anschließt. Der endete ja auch schon in einem VADER DOWN bzw. einem VADER BLOWN INTO SPACE.
In diesem Comic hat sich Vader einen neuen Tie-Fighter aus der Garage geholt und braust los, dem frechen Skywalker die Rechnung für den zerstörten Todesstern zu präsentieren. Die Rebellen formieren sich noch, Luke ist noch kein Jedi und Han Solo hilft den Rebellen aus.

Jason Aaron kreiert beste, nostalgische Unterhaltung, indem er sich auf die bekannten und beliebten Figuren des Originalfilms verlässt. Sie alle bekommen die Parts auf den Leib geschrieben, die wir kennen und lieben.

Luke ist der hehre Ritter mit mehr Mut als Verstand, Leia die besonnene Kriegerin, Han der Retter in der Not, Chewie der verlässliche Sidekick, C-3PO die komische Plaudertasche, R2-D2 der intelligente Droide.
Und Darth Vader ist die dunkle Bedrohung, der rachsüchtige Motor des Geschehens. Ohne Vader ist „Star Wars“ nichts! Der Lord der Sith ist der aktive Handlungstreiber, der Intrigant, der Zerstörer, der Antichrist, die unzerstörbare Kampfmaschine – ja, wunderbar!
So will ich ihn.

Ich erkenne mittlerweile, dass Darth Vader mein Lieblingsschurke der Popkultur ist. (Ja, gut, und der Joker natürlich, aber der Joker bin ich selber, deshalb zu einfach.)

Ein Blick in den Spiegel

 

Was macht Jason Aaron nun mit dem simplen Plot?
Vader stakst mutterseelenallein durch die Wüstenei von Vrogas Vas. Luke tapert vaterseelenallein (Späßle!) durch die Wüstenei von Vrogas Vas – beide auf der Suche nacheinander.
Die Rebellen schicken eine bewaffnete Kompanie los, die den dunklen Lord vernichten soll, doch Vader (die Ein-Mann-Armee) löscht die Rebellen aus.
Leia und Han ziehen mit einem eigenen Kommando los, um erst mal Luke zu finden und sich dann gemeinsam Vader vorzuknöpfen.

Das alles wäre langweilig, hätte man nicht für die Comics neue Charaktere erfunden, die aufs Spielbrett gesetzt werden: die schurkische Archäologin Doctor Aphra und ihre Droiden Beetee und Triple-Zero.

Dieses Trio ist eine Art „Spiegeluniversums-Ensemble“ zu Han Solo, R2-D2 und C-3PO. Aphra nämlich steht in Vaders Diensten und spürt Luke auf, mit tatkräftiger Unterstützung des sadistischen Folterknechts Triple-Zero und des waffenstarrenden Blecheimers Beetee.
Diese Drei machen einfach Spaß, weil sie herrlich überzeichnet sind und nichts weiter als das auch sein sollen.

Um Darth Vader noch Paroli zu bieten, tritt ein gewisser Commander Karbin auf (ein Mon Calamari), ein dunkler Zwilling des liebenswürdigen Generals Ackbar. Der möchte Sith Lord anstelle des Sith Lords werden und geht Vader an den Kragen.

Und Han, Leia und Chewbacca bekommen es noch mit einem bösen Wookie namens Black Krrsantan zu tun! Also jede Menge Alarm und Action, das alles aber mit lockerer Hand und einem Augenzwinkern präsentiert, viel Sinn für theatralischer Dramatik und hübsch gesetzten Cliffhangern.

Aaron macht dabei Ausflüge ins Genre der Verwechslungskomödie (Triple-Zero posiert als C-3PO) und selbst des Slapstick (Aphra und Han überlisten sich simultan mit demselben Trick und knallen dann mit den Köpfen aneinander).

Das alles hat den Charme der Siebzigerjahre, wenn auch modernisiert. Niemand, fast niemand, der Figuren mit einem Namen kommt dabei zu Schaden, wenn auch zahllose Rebellen im Hintergrund das Bauernopfer spielen müssen.

Der Vater aller Kröten

 

VADER DOWN vereinigt sechs Einzelhefte zu einem abgeschlossenen Handlungsbogen. Dieses Tradepaperback enthält die Ausgaben VADER DOWN Nr. 1 sowie DARTH VADER Nr. 13, 14, 15 und STAR WARS Nr. 13 und 14.
Was das nun soll, ist mir schleierhaft, muss ich auch nicht verstehen, ich vermute lukratives Crossmarketing. Hauptsach‘, ich hab‘ mein‘ Vader!

Das Artwork stammt von Mike Deodato mit Farben von Frank Martin Jr. und auch von Salvador Lagarra mit Farben von Edgar Delgado (die drei mittleren Hefte, DARTH VADER, hier schreibt übrigens auch jemand anderes: Kieron Gillen).
Ich habe bei der Lektüre keinen Unterschied bemerkt, weder im Skript noch in den Zeichnungen. Es greift so flüssig ineinander bzw. ist vom Stil so generisch konzipiert, dass es nicht ins Gewicht fällt. Marvel hat hier einen realistischen „Star Wars“-Housestyle verhängt, der Schauwerte liefern soll (das tut er verlässlich).

Blättern Sie noch hinein in einen „Star Wars“-Comic, der den Geist des Originals atmet.
(Halt, nicht ganz wahr: VADER DOWN inkorporiert natürlich jahrzehntelange ironische Beschäftigung mit den großen SF-Franchises – was aber letztlich für den Erfrischungsschub sorgt, den unübertroffenen, jajaja, „Krieg der Sterne“ frech fortzusetzen.)

Ich habe mal wieder die englische Ausgabe gelesen, der Comics ist jedoch auch auf Deutsch bei Panini erschienen.