30 Jahre alte Comicperle: ZUM STERBEN SCHÖN

Das Interessante an diesem Comic ist, dass er sich keinem Genre zuordnen lässt. Wir müssen uns einlassen auf ein bisschen Krimi, ein bisschen Romanze, ein bisschen Road-Movie-Erzählung.

Zudem verfolgen wir zunächst zwei parallele Handlungen im Jahr 1992: Im Süden von Spanien, in Sevilla, sucht der ruppige Privatdetektiv Zopko nach Hugo Seguso, einem vagabundierenden Musiker, der mit einer Frau durchgebrannt ist.

Der Detektiv erkennt bald, dass seine Suche nach Seguso eine Sackgasse ist, gelangt aber auf die Fährte eines anderen jungen Mannes, der womöglich Kontakt zur gesuchten Frau hat.

Der ist Student in Barcelona, heißt mit Vornamen auch Hugo, lässt sich nachts durchs Bars treiben und führt ein zielloses Leben.

Hugo hat Liebeskummer und ertränkt denselben mit einem Gleichgesinnten am Tresen einer Kneipe:

Weitere Figuren sind der minderbemittelte Luis Soler und seine Mutter Amalia, die in der Nähe von Sevilla auf einem kleinen Bauernhof leben und dort eine verwirrte Frau pflegen, die nach einem Autounfall bei ihnen aufgetaucht ist.

Die beiden fahren zum örtlichen Postamt ins nächste Dorf und rufen Herrn Seguso an, denn dessen Telefonnummer trägt die Frau bei sich.

Daraufhin setzt sich Student Hugo in Marsch, fährt seinen roten VW Käfer in den Süden und wird bei Familie Soler vorstellig.
Doch die Frau ist verschwunden, Mutter und Sohn treten feindselig auf – und Hugo ist nun in derselben Lage wie Detektiv Zopko.

Beide Männer suchen eine Frau, doch wo ist sie? Handelt es sich überhaupt um dieselbe Frau?

Chercher la femme

Auch wenn wir stellenweise (noch) nicht blicken, was Sache ist, funktioniert das sehr gut – auch dank des luftigen und schwerelosen Artworks von Jean-Michel Beuriot.
Es macht richtiggehend Spaß, sich durch diese fein getakteten Seiten treiben zu lassen.

Hugo trifft schließlich auf Maria, doch die hat ein Geheimnis. Unweit einer Raststätte, in der Hugo nach der verschwundenen Frau gefragt hat, hat es einen weiteren Autounfall gegeben, in den Maria verwickelt war.

Auch Zopko hat mittlerweile die Spur bis zu den Solers gefunden und wird ähnlich herzlich empfangen wie zuvor Hugo.

Jetzt sind wir im letzten Drittel dieses Albums von 80 Seiten angelangt und dürfen uns bang fragen, ob Zopko zur Gefahr für Hugo werden kann.
Oder für die Frau. Was will er überhaupt von ihr?

Den Rest verrate ich jetzt nicht, denn der Plot dreht und wendet sich nochmal. Am Ende stehen die Aufdeckung eines Kriminalfalls und überraschende Offenbarungen.

Sie sehen an den Bildbeispielen, wie fluffig und delikat sich dieser Comic entrollt. Eine mitreißende Lektüre, die intelligent mit ihren Krimi-Versatzstücken spielt.

Übrigens ist ZUM STERBEN SCHÖN in erdigen Tönen von Dominique Osuch neu koloriert worden – wie ein Seitenvergleich im Anhang des Albums demonstriert.
Des Weiteren handelt es sich um das Frühwerk des Zeichners Jean-Michel Beuriot, das bereits vor 30 Jahren in Frankreich erschienen ist.

Letzte Fußnote: Ebenfalls haben wir hier eine frühe Arbeit des Autoren Philippe Richelle vorliegen – beide gemeinsam haben im Anschluss die langlaufende Serie UNTER DEM HAKENKREUZ gestaltet.

Diese Reihe habe ich hier vor vier Monaten vorgestellt und war auch mein Anreiz, ZUM STERBEN SCHÖN zu lesen.
Ähnlich mögen die wackeren Menschen beim Verlag schreiber&leser gedacht haben, die diesen Band im Fahrwasser dieser Serie nachgelegt haben.

Sterben werden Sie garantiert nicht, wenn ich Ihnen sage: Dieser Comic ist zum Blättern schön!