Jetzt im Kino: THE FLASH

Jawohl, der Flash kann so schnell laufen, dass er in der Zeit zurückreisen und Dinge in der Vergangenheit ändern kann! Barry Allen beschließt eines Tages, die Ermordung seiner Mutter zu verhindern und rennt los, um an ein paar Stellschrauben zu drehen, die das Verbrechen ungeschehen machen.

Ich hatte nach der Pressevorführung mein Handy im Kinorestaurant liegen gelassen und bin natürlich sofort losgerannt, um den Verlust rückgängig zu machen. Dabei ist mir bloß ein Schuh aufgegangen und ich kam klatschnass geschwitzt im Restaurant an, wo das Thekenpersonal geduldig auf mich gewartet hatte. Das mit dem Zeitreisen funktioniert ja gar nicht!

Schluss mit dummen Eröffnungsscherzen, man muss solche Handlungsprämissen bei fantastisch angelegten Filmen in Kauf nehmen. Also, es wird in der Zeit gereist, wobei Dinge schiefgehen: Barry alias Flash kann seine Mutter retten, dennoch hat sich der Lauf der Welt verändert – und Barry strandet in der Vergangenheit und trifft zu allem Überdruss auf sein jüngeres Ich.

Ein Schauspieler, zwei Flashs: Das alte Ich nimmt das jüngere Ich an die Kandare.

Dieser junge noch-nicht-Flash ist ein dämlicher Rumhänger, der sein gereiftes Ich zur Weißglut bringt. Darsteller Ezra Miller gestaltet eine köstliche Doppelrolle, die noch an komischem Schwung gewinnt, als die Flashs ihre Rollen tauschen: Beim fatalen Laborunfall, der dem Flash seine Superkräfte beschert, passiert ein Missgeschick.
Der Alt-Flash nämlich verliert seine Kräfte und muss den Neu-Flash erst mal in die Benutzung derselben einweisen und trainieren. Der Neu-Flash stellt mit diesen zunächst nur Unsinn an, was diesem Film viel Raum für Komik gibt.

Kollege Cordemann strahlte über beide Backen, und Kollege Bender attestierte, dass DC mit diesem Werk die Konkurrenz von Marvel ausgestochen habe.

The Kings of Comedy

Tatsächlich scheint DC endgültig sein Herz für die Komödie entdeckt zu haben; nach den beiden SHAZAM-Filmen stößt nun auch THE FLASH in dieses Horn.

Wie das Partner-Franchise, beutet auch dieser Film das mühsame Erlernen von Superkräften auf seine amüsanten Aspekte aus. Nächste Fundgrube ist die komische Verwirrung, die man mit alternativen Zeitlinien stiften kann: Was ist in dieser neuen Zeitdimension schon etabliert und womit tritt man in Fettnäpfchen und welche Erwartungen werden auf den Kopf gestellt?

Und wenn der Abspann noch mal eine Szene vom Beginn aufgreift und aus einer anderen Perspektive präsentiert, dann ist das die pure Freude!
Die Macher des Films führen Flashs Superkräfte mit einer absurd-lustigen Bedrohungssituation vor: Ein Krankenhaus stürzt ein und ganz oben, aus der Kinderstation, fliegen simultan zehn Babys aus dem Fenster!
Flash muss sie alle in Sekundschnelle retten, dabei aber noch einen Betreuungshund einfangen sowie die Kinder vor herumsegelnden Gefahren wie Skalpellen, Säureflaschen und brennenden Gasampullen schützen.
Das ist selbstverständlich reines Trickspektakel, aber etwas Superheldenkomischeres hat man selten gesehen.

Schauen wir uns doch schnell den offiziellen „Final Trailer“ an, danach wissen wir auch, was verraten werden darf:

Der Trailer zeigt viel Batman, was ich fast bedaure. Millers Doppel-Flash trägt den Film locker alleine, aber Batman ist essentieller Part des Erfolgs. Welcher Batman bzw. welche Batmänner im Film auftauchen, das ist Teil des Spaßes an THE FLASH.  Es gibt überhaupt etliche Gastauftritte und Cameos, die unsere heldenvertrauten Herzen erwärmen!

Schade allerdings, dass Michael Shannon (hinter Make-up und Effekten) einen Standardbösewicht geben muss: General Zod greift mit seinen Horden die Erde an und steht aber nur dumm herum bzw. erscheint offenbar tagelang nur als unscharfes Fernsehbild. Die böse Frau an seiner Seite taucht nur so kurz auf, dass sie uns nicht mal vorgestellt wird.

In the mood for destruction or not: Zod.


Dieses Handlungselement ist eigentlich eine Schande. Weil Zod in der Zukunft (also Flashs Herkunftszeit) die Erde schon einmal angegriffen hatte (und nur von Superman gestoppt werden konnte), muss der Flash in dieser neuen Timeline dafür sorgen, dass er wiederum besiegt werden kann.
Also will Barry die bekannten Helden und Heldinnen rekrutieren, muss jedoch entsetzt feststellen, dass sein Eingreifen in die Zeit einige Superwesen verhindert hat. Wonder Woman, Cyborg, Aquaman existieren nicht! Der Batman, den er aus dem Ruhestand holt, ist bloß der olle Tim-Burton-Batman (Michael Keaton) – und Superman ist nie auf der Erde angekommen.

Dafür können die beiden Flashs (gemeinsam mit Batman) die kryptonische Cousine aus einem russischen Hochsicherheitsgefängnis befreien: Supergirl (Sasha Calle) ist mit von der Partie und gibt Zod tüchtig auf die Mütze.

Alt-Flash, Supergirl, Jung-Flash (der junge Barry hat sich übrigens sein Flashoutfit aus einer alten Batmanrüstung gebastelt – nice)!

Ich bin geflasht

Nochmalige Zusammenfassung der Handlung: In einer veränderten Zeitlinie kämpfen ein Doppelflash, Bats und Supergirl gegen Invasoren aus dem Weltall. Das alles wäre grauenvoll, wenn nicht Drehbuchautorin Christina Hodson und Regisseur Andy Muschietti so klug wären, als Dreh- und Angelpunkt das Familientrauma von Barry Allen zu benutzen.

THE FLASH handelt von der Unabwendbarkeit des Schicksals, vom Loslassen-Können schmerzhafter Erinnerungen, von der Reifung der Persönlichkeit durch Empathie für die Mitmenschen. Darum gibt es nicht nur viel zu lachen und viel Action zu bestaunen, sondern auch viel emotionalen Gehalt zu genießen.
Die Mischung ist fein abgestimmt, auch wenn am Ende dramaturgiegemäß eine wilde Schlacht entbrennt, die den üblichen Budenzauber liefert – hier aber fast schon ironisiert wird durch mehrfaches „Durchspielen“ in abgewandelten Zeitlinien.

Und tatsächlich: Man hat an THE FLASH so viel Spaß wie an den besten Marvel-Cinematic-Universe-Movies (meine Lieblinge: „Guardians of the Galaxy“, „Ant-Man“, „Thor: Ragnarok“ und „Captain Marvel“).

Zum Start des Films ist dieser Comic verteilt worden (Abb. rechts), der einen ähnlichen Plot wie der Film benutzt:
Der noch unerfahrene Barry-Allen-Flash holt sich Hilfe bei Batman, um den Berserker Girder in Central City aus dem Verkehr zu ziehen.

Kein jüngeres Ich, kein Zod, keine Zeitreise, kein Supergirl. Nur eine kurze 38-Seiten-Geschichte, die das Werden des neuen Flash schildert – und zugleich auf mehreren Seiten Werbung für weitere Comicprojekte macht.

Der Film begleitet generell eine Neuausrichtung der Comics unter dem Signet „Dawn of DC“.
Ich weiß jetzt nicht, ob das der nächste Komplett-Relaunch ist, aber sie nennen es „a yearlong storytelling initiative“, was echt dämlich klingt, wenn Sie mich fragen.

Aber womöglich kommen da ein paar knackige Storyarcs bei raus, unter den Autoren sind immerhin Tom King (WONDER WOMAN), Chip Zdarsky (BATMAN CATWOMAN), Si Spurrier (THE FLASH) und DOOM PATROL mit Artwork von Chris Burnham.

It’s epic, man!