MY WAY Comics

Sieht so eine Rückkehr der Underground-Comics aus?
In Köln sprießt ein subkulturelles Pflänzchen, dem man Beachtung schenken sollte: Die MY WAY COMICS sind selbst produzierte und selbst vertriebene, schwarzweiße Comichefte von ca. 40 Seiten Umfang, die in Kneipen verkauft werden.
Erschienen sind bislang zwei Ausgaben, die im namengebenden „My Way“, im „E.D.P.“, im „Boogaloo“, in der „Scheinbar“, im „Blue Shell“ sowie in der Ehrenfelder Bunt-Buchhandlung erhältlich sind.

Der Comic zum Bier

Das Konzept ist sympathisch und sogar clever, denn in den Comics taucht Personal aus den vorgenannten Lokalitäten auf. Die Geschichten der MY WAY COMICS spielen und entspinnen sich oft am Tresen, wo kauzige Typen aufeinandertreffen und alkoholbefeuerten Unsinn von sich geben.
Das führt zu Reim-Duellen, skurrilen Situationen und Verwechslungen, die in Monty-Pythonsche Untiefen abdriften (so wird ein ahnungsloser Gast zum auserwählten „Hans-Ruben Buben“ ausgerufen, der den Durstigen den „Heiligen Dorsch“ bringen wird), s. Titelbild oben.

Kopf, Motor, Zeichner und Allroundgenie hinter den MY WAY COMICS ist der Kölner Autor Laabs Kowalski. Das Leben dieses Kleinverlegers ist als bunt zu bezeichnen (laut Wikipedia-Auskunft kommt da einiges zusammen), sein langjähriges Schaffen in der deutschen TV-Comedyszene („Switch“, „Mensch Markus“, „Knallerfrauen“) ist Ausweis und Befähigung zur Schaffung schräger Comics.

Ein besonderer Spaß sind seine „Low-Power“-Superhelden mit den Minimalkräften, die – seien wir ehrlich – gerne im wirklichen Leben am Tresen anzutreffen sind: Multitasking-Man, Weihnachts-Man oder Nostalgie-Boy, der die Theke mit seinen „Früher war alles besser“-Tiraden unterhält.
(Ich persönlich vermisse den „Mansplaining-Man“ oder MANSPLAINER, der einem ungefragt die Welt erklärt, mein Wunsch an Laabs Kowalski für künftige Ausgaben!)

Surreale Saufabenteuer wechseln sich ab mit Protokollen kurioser Anmachen, Beschreibungen randalierender Gäste oder einem Kindercomic, gekleidet in poetischen Unfug. Strichmännchen-Miniaturen transportieren den Verlauf einer Beziehung in 14 Panels und „Die Schicksalsjahre einer Currywurst-Verkäuferin“ handeln vom gewollten wie gekonnten Aneinander-Vorbeireden („Bienensterben, Flüchtlingsströme, Millionen Tonnen Plastik in den Meeren … und SIE wollen eine Currywurst!“).

Verbale Eskalation ist Laabs Kowalskis Lieblings-Sujet, und daraus schlägt er oft genug irrwitzig unterhaltsame Funken. So in der hämischen Tresenmär vom „Besuch aus der Zukunft“: Ein widerlicher Studentenstreber prahlt von seiner strahlenden Karriere, da tritt ihm sein abgehalftertes Zukunfts-Ich gegenüber und verfinstert seinen Horizont.

Die Rubrik „Kürzlich in der Bunt-Buchhandlung“ veranschaulicht die Qualen eines Buchhändlers, der immer an Kunden gerät, die keine Buchtitel kennen, aber den Autor oder Inhalt bestens beschreiben können.

Die Bibel in der Zusammenfassung der MY WAY COMICS.

Laabs Kowalski zeichnet grafische Sketche, die mich stilistisch an ein Crossover aus Brösel und Seyfried erinnern. Sein Witz ist grotesk wie dadaesk und erinnert uns Ältere an die Kapriolen der „Neuen Frankfurter Schule“, wie sie in den 80er-Jahren in TITANIC eine Heimat fanden. Zugegeben: Manche Sketche laufen ins Leere, manche sind dafür Weltklasse – wie diese historische Begebenheit aus der Steinzeit.

Eine Talfahrt auf den Kufen debilsten Humors“, verspricht der Herausgeber verschmitzt seinem Publikum: „Kranke Gags und dummes Zeug“ sollen der Treibstoff der MY WAY COMICS sein. Das ist jedenfalls Quatsch mit Ansage und geht völlig in Ordnung.

Nonsens? Jawohl. Aber mit Schmackes!
Neuer Underground? Wie man’s nimmt. Der Spaß am Inkorrekten lauert überall in diesen (bisher) beiden Heften. Zotig sind sie in verträglichen Maßen, wunderbar in der Selbstbespiegelung des Autors als trinkender Intellektueller. Nichts wird hier ernst genommen – und das ist für mich immer die Hauptsache.
Mit 4 Euro pro Heft ist dieses Produkt nicht direkt billig, aber vom Gehalt her sein Geld unbedingt wert.

PS: Laabs Kowalski lädt Interessierte in die Brutzelle des Kneipenhumors ein;
das „My Way“ liegt auf der Aachener Straße 415 in Köln-Braunsfeld, hat täglich außer mon- und feiertags geöffnet. „Das Mitbringen von Hünengräbern und Zeppelinen ist aus sicherheitsobligatorischen Gründen“ allerdings untersagt!

PPS: Bei der Gelegenheit können sich auch Zeichenkräfte vorstellen!
MY WAY COMICS sind offen für Mitarbeit querdenkender Witzbolde. Ebenfalls sucht der Herausgeber noch Kneipen, Gaststätten, Clubs, die seine Werke zu vertreiben bereit sind!
Laabs Kowalski ist auch auf Facebook zu erreichen.