Vor über einem Jahr habe ich über den neunten Band dieser exzellenten Westernserie geschrieben – und mich in langen Exkursen über ihren Zeichner Igor Kordey (und dessen Autoren Darko Macan) verloren.
Das erlaubte ich mir, weil der neunte Band nicht abgeschlossen war, sondern erst nun (mit dem zehnten Album namens „Hell Paso) die Geschichte beendet.
Dennoch füge ich diese Nachbetrachtungen nicht wie geplant dort an, sondern bitte Sie, bei Bedarf den gelinkten Beitrag zu überfliegen, um sich auf den aktuellen Stand im Wilden Westen zu bringen.
Hier wollen wir jetzt nur über Band Nummer 10 reden.
Interessant ist zunächst, dass Macan und Kordey nicht an den Cliffhanger von Band 9 anschließen (Bass befand sich in einer üblen Schlägerei mit Dexter Miller, dem Anführer der falschen Texas Rangers).
Stattdessen stellt man uns den ruchlosen Major Penn vor, der mit einer Einheit Soldaten das Städtchen El Paso abgeriegelt hat und nicht davor zurückschreckt, Zivilisten mit einer Kanone zu exekutieren.
Im Ort herrscht eine ansteckende Seuche, doch diese Quarantäne dient Penn mehr als Vorwand, ein Hühnchen mit Colonel Helena zu rupfen.



Helena ist bekanntlich der Arbeitgeber und Vorgesetzte von Marshal Bass, der wiederum noch eine offene Rechnung mit den Rangers hat.
Jetzt nämlich erst erfahren wir, wie die Schlägerei endete: Die Bande hat Bass kollektiv verdroschen und ist dann weitergezogen.
Nun verstecken sie sich in El Paso, nachdem sie im Rausch ein Massaker in der Siedlung Casa Grande begangen haben.

Also hat Bass allen Grund, in El Paso einzureiten – und trifft dort auf Doc Moon (siehe Band 9), die ihm erzählt, dass es schlecht um die Bevölkerung steht.
Auch Mitglieder der Rangers sind erkrankt und Colonel Helena ist dabei, seine Mutter zu begraben. Zudem ist er wütend auf seine Rangers, die sein Vertrauen auf eine zweite Chance im Leben missbraucht und verspielt haben.

Und während Major Penn auf den Einbruch der Nacht und den Ablauf seines Ultimatums wartet, schickt Helena seine verbliebenen Galgenvögel-Rangers auf ein Himmelfahrtskommando.
Da bricht auch schon die Hölle los, denn Penn nimmt den Ort unter Beschuss.
Die Soldaten liefern sich ein Gefecht mit den Rangers und Bass, Helena, Moon und Hope rennen zum Fluss, wo sie auf einem Floß aus der Gefahrenzone flüchten können.
Dort stellt Helena seinen Marshal auf eine eigenartige Charakterprobe, von der ich nichts verraten werde.
Der Band endet mit einer Ungewissheit, die sich in künftigen Alben wird klären müssen.

Es gibt zwei Nebenhandlungen in diesem Doppelband.
Die erste dreht sich weiterhin um Doc Moon, eine geheimnisvolle Frau, die weder Ärztin (und kaum Heilerin) ist, sondern vielmehr Sterbebegleiterin und in manchen Fällen auch Todesengel.
In Band 10 findet sie mit Bass zusammen und bildet im Folgenden eine Schicksals- und Reisegemeinschaft.
Die „Doktorin“ bleibt dabei ihrer Kernkompetenz als passiver Helferin treu …

Die zweite Nebenhandlung handelt von des Marshals Familie, von der diesmal der Junge David in den Mittelpunkt gerückt wird.
Mir gefällt, dass Macan und Kordey die Hintergrundgeschichte des Marshals im Blick behalten.
Seine Frau Sheba ist eine strahlende Figur, die des Marshals viele Kinder über die Runden bringen muss. Wie frühere Bände gezeigt haben, verbringt Bass lieber ein riskantes Leben als Gesetzeshüter als dass er sich mal bei der eigenen Familie blicken ließe.
Mit dem Streuner Bass hat Sheba ihre Mühe, darum gibt sie in Band 10 ihren Sohn David an den örtlichen Saloon ab.

Zeichner Kordey inszeniert schwelgerische Szenen von Plüsch und Rauch und Kerzenschein, in denen David an der Mundharmonika mit einer Bluesband musiziert.
Parallel montiert er uns die „Hölle von El Paso“ im Kanonendonner. Während hier gestorben wird, wird dort applaudiert.
Kann ich interpretieren als Gegensatz der Lebensentwürfe: Bass Senior braucht Pulverdampf und Todesnähe; Bass Junior verlangt es nach Lampenfieber und Bühnenspektakel.
Adrenalin-Junkies sind sie wohl beide …

Alles paletti in El Paso?
Weiterhin finde ich diese Serie absolut großartig, weil sie mir Dinge präsentiert, die ich noch nie in einem Western gesehen habe (obwohl sie organisch dazugehören).
Ich darf zum Schluss noch zur Verlagsseite bei Splitter verlinken und darauf hinweisen, dass auch die beiden nächsten und letzten Alben (in Frankreich schon veröffentlicht) in Vorbereitung für den deutschsprachigen Markt sind.
Hell, yeah!
Wer ein höllisch zittriges Instagram-Reel sehen mag, schaue dort nach.