QUI EST CE SCHTROUMPF? sei mein erster französischer Beitrag auf dieser Webseite. Da ich seit einem Jahr Französisch lerne, gibt es keinen schöneren Auftakt für Comics, die im deutschsprachigen Raum (noch) nicht zu haben sind.
Ein SCHLUMPF-Comic ist perfekt, da es sich zum einen um einen klassischen frankobelgischen Semifunny handelt, 1958 von Autor/ Zeichner Peyo erfunden!
Zum anderen spielt diese Serie mit Sprache, mit Spracherwerb und dem Phänomen der Kommunikation – insbesondere QUI EST CE SCHTROUMPF? (Wer ist dieser Schlumpf?), dessen komische Prämisse lautet: Ein unbekannter Schlumpf taucht im Schlumpfdorf auf, hat Gedächtnisverlust und versteht nicht mal die Schlumpfsprache.
Hier ist unsere Hauptfigur gerade vom Himmel gefallen und wundert sich über sein Aussehen und die Redeweise seiner Umgebung:
Autor und Zeichner Tébo macht sich direkt über die Peyo-Figuren lustig: Wieso bin ich blau? Trage ich eine Strumpfhose? Bin ich etwa Tänzer?
Die Schlümpfe umringen den Neuling, sind erst mal misstrauisch, denn (Rückverweis auf frühere Alben) ihr Gegenspieler Gargamel, der Zauberer hat sich einmal in einen Schlumpf verwandelt und wollte das Dorf unterwandern.
Doch der Große Schlumpf untersucht ihn eingehend, bestätigt den Verdacht vom Gedächtnisverlust und gibt Entwarnung. Diesem Schlumpfe muss geholfen werden.
Also tauft man ihn vorübergehend „Schtroumpf inconnu“ (Unbekanntschlumpf) und gibt ihm eine Eskorte an die Seite, die seine Schritte rückverfolgt.
Die tatkräftige Schlumpfine, der Brillenschlumpf und der Muskelschlumpf ziehen mit dem Fremden ins Abenteuer. Das führt sie zunächst in die Krone des Tausendjährigen Baumes und von dort aus über Land und Wasser, Stock und Stein in eine geheimnisvolle Höhle.
Fledermäuse, Fische und ein magischer Drache lauern ihnen auf und müssen ausgetrickst werden. Gut, ein Drache würde auch uns Probleme bereiten, aber da die Schlümpfe kaum faustgroß sind, macht ihnen auch das Kleinvieh Schwierigkeiten.
Tébo kreiert eine flüssige Handlung mit wohlplatzierten Schaueffekten (die auch das konventionelle Layout öffnen) und findet zugleich immer wieder Ruhepausen, um sich der Komik kleiner blauer Wesen zu widmen:
Dieser verzweifelt ulkige Kampf gegen die Fledermaus illustriert sehr schön einige Manierismen des Zeichners: Etwa die grotesk verkürzte Darstellung der Fledermaus, die fast nur aus Maul zu bestehen scheint. Beachten Sie auch die herrlich ausgestellte Wut bzw. lauernde Resignation des Tieres in den beiden letzten Bildern.
(Und nur ein Tébo kommt auf die geniale Idee, alle Schlümpfe in ein Einmachglas zu stecken, in das sich die Fledermaus komplett verbeißt.)
Ich will nicht mehr zur Handlung verraten, denn auf Seite 36 (von 55) lüftet sich das Rätsel um den Unbekanntschlumpf und das Album schlägt noch eine neue Richtung ein.
Nur so viel: Es treten weitere Figuren aus dem SCHLÜMPFE-Kosmos auf und vervollständigen die Hommage an Schöpfer Peyo.
Am Ende obsiegen die tapferen Schlümpfe, deren oberstes Motto der Zusammenhalt ist: „C’est la force des Schtroumpfs; ensemble, rien ne nous résiste!“
Und damit kommen wir wieder zur skurrilen Sprache der Schlümpfe, die in ihrer Elliptizität erstaunlich gut funktioniert. Mich als alten Kommunikationsforscher mit Magisterabschluss verzückt die Tatsache, dass wir uns mit Stellvertreterworten verständigen können.
„Schlumpf“, „schlumpfen“ und „geschlumpft“ (im Original „schtroumpf“, „schtroumpfer“ und „schtroumpfé“) helfen über jede Vokabellücke hinweg.
Diesen Trick wende ich garantiert an, wenn ich in Frankreich unterwegs sein werde. Das wäre doch … geschlumpft!
Ein Meister macht blau
Ich schätze den Autoren/Zeichner Tébo sehr. Der ist bislang bei uns mit seiner Serie RAOWL in Erscheinung getreten. Drei Bände liegen bei Carlsen Comics vor, den ersten habe ich seinerzeit sogar hier besprochen:
(Ich wundere mich gerade, dass sein „Mickey-Mouse-Spezial“ LA JEUNESSE DE MICKEY von 2016 nicht – wie andere Beiträge – in dieser Disney-Nostalgie-Luxusalben-Reihe der EgmontComicCollection erschienen ist. Halt, isses doch, ich musste es nur richtig suchen, scheint mir unterm Radar geflogen zu sein. Andere Werke dieser Reihe fand ich richtig nichtig, aber der Tébo-Band ist mir nie untergekommen. Hole ich vielleicht nach.)
Jedenfalls: Tébo alias Frédéric Thébault hat ein wunderbares Händchen für Funny-Unterhaltung mit einem Hauch von Tiefgang. Sein klares Artwork hat eine eigene Note, zudem weiß er Meta-Referenzen einzuflechten (hier eine Anspielung auf ASTERIX) und komische Action zu inszenieren.
Mir war sofort klar, dass dieser Mann der genau richtige Künstler ist, ein SCHLÜMPFE-Album zu gestalten! Ich hab QUI EST CE SCHTROUMPF? in einer französischen Ankündigung gesehen und instinktiv auf meine Liste gesetzt.
Übrigens ist der vorliegende Band bald auch auf Deutsch erhältlich. Als „Die Schlümpfe Spezial: Der Schlumpf, der vom Himmel fiel“ übernimmt Splitter die Lizenz im November.
Natürlich können Sie wie immer mit mir in das Werk hineinschlumpfen: