Die volle Packung britischer Wahnsinn
Die Handlung ist wirr und nicht so leicht wiederzugeben:
Ein genialer Wissenschaftler hat die Formel für ein Supervirus in einer Graphic Novel versteckt. Vier Leser dieses Buchs finden sich im Fadenkreuz eines skurrilen Killer-Duos und müssen um ihr Leben laufen. Nach und nach bekommt der Zuschauer Puzzlestücke vorgelegt, die das Gesamtbild aber nur wirrer machen! Hinter dem Virus steht eine mächtige Organisation und ein geheimnisvoller „Mr. Rabbitt“, der im Stile eines Bond-Bösewichts die Welt bedroht. Kann die mysteriöse Superfrau Jessica Hyde unsere vier Normalos retten?
Allerdings geht es in UTOPIA nicht unbedingt um die Handlung. Diese Miniserie (zwei Staffeln zu je sechs Folgen) brilliert durch ihre Darsteller, ihren Look und ihre Musik.
Das klingt jetzt erst mal larifari, ist aber hier völlig berechtigt.
Die Darsteller: Alltagstypen mit schiefen Visagen und keinerlei Heldenambitionen. Ein spirreliger Schwarzer, ein arabischer Geek, ein rotziger Schuljunge, ein phlegmatischer Killer, ein nervöser Beamter, eine pummelige Studienabbrecherin, eine geniale Geheimdienstlerin – und das Phantom Jessica Hyde.
Der Look: Gerne verweilt die Kamera in Einstellungen der Totalen, länger als man gewohnt ist. Langsame Fahrten sind ein weiteres Mittel, das lange nicht in Fernsehserien benutzt wurde. Zudem ist UTOPIA farblich durchkomponiert. Die Umgebung jeder Szene ist niemals zufällig gewählt. Sorgsam filmt man in eigenartigen Kulissen und lässt dabei, so oft es geht, bonbonbunte Farben aufeinanderprallen.
Die Musik: Komplett hinterlegt und gewissermaßen konterkariert wird UTOPIA mit bzw. durch einen spatzigen Soundtrack. Ich wähle hier das nichtexistente Adjektiv „spatzig“ mit größter Sorgfalt. Leicht irre, hysterische Beats untermalen die Handlung, vermitteln jedoch ein Gefühl von gut gelauntem Trip-Hop. Soundtrack und Mixe desselben sind im Netz verfügbar!
Eine Warnung sei zum Schluss noch ausgesprochen:
UTOPIA ist rabiat gewalttätig!
Menschen sterben wie die Fliegen, es wird eiskalt gemordet. Ich finde die Freigabe ab 18 ein wenig übertrieben, aber man muss schon viel schwarzen Humor mitbringen, um diese Art der Gewalt wegstecken zu können.
Dennoch will ich es mir bald nochmal anschauen, auch wenn Staffel 1 wahrscheinlich ausreicht. In Staffel 2 gelingen den Machern auch sagenhafte Szenen, im Ganzen aber hängt das Konzept schon durch und sie verwässern die Dramaturgie im Hinblick auf eine mögliche Staffel 3 (die aber nicht mehr kommt!).
Sowas ist dann schade und verschenkt.
Im empfehle UTOPIA auf Englisch mit Untertiteln, denn diese Briten befleißigen sich herrlicher Dialekte, die eine weitere Farbe dieses knallbunten Dramas darstellen.
Einen englischen Teaser, der mehr wie ein schräger Musikclip wirkt, sehen Sie hier.